Dürfen Hühner Zitrusfrüchte fressen? Ja!

Dürfen Hühner Zitrusfrüchte fressen? Ja!

Lesedauer ca. 8 Minuten

Orangen & Zitronen verfüttern – warum es für Hühner gesund ist

Wenn man sich als Gartenhuhn-Neuling schrittweise sein Wissen um die Fütterung der Hühner zusammengoogelt, bekommt man nicht selten Lust mal was Anderes als das fertige Legemehl anzubieten. Viele kommen auf die Vorteile des selbstgemischten Futters – nicht nur aus Kostengründen, sondern vor allem weil man die Kontrolle über die Inhaltsstoffe und deren Herkunft hat. Je nach Zustand der eigenen Hühnerschar und den eigenen Plänen hinsichtlich Zucht, Eiern, Mast kann man z.B. den Proteingehalt variieren und bestimmte Komponenten verstärken oder weglassen.
Dann experimentiert man mit Weichfutter, entdeckt die Bierhefe, findet gesunde Kräuter zum füttern und vermeidet tunlichst, seinen Hühnern die 2 „no-gos“ zu füttern: Avocado und Zitrusfrüchte
Ich habe das auch bisher auch so gemacht und bis zur Idee für diesen Blog auch nicht weiter hinterfragt. Bei der Recherche zu giftigen Pflanzen, bzw. Pflanzen die für Hühner nicht geeignet sind, tauchten die Zitrusfrüchte immer wieder auf – nur fast nie, warum das so sein soll.
Die einzige Begründung die ich finden konnte war, dass der hohe Gehalt an Vitamin C zu Darmblutungen führen kann.
Eine Erklärung die mir nicht einleuchten will, da andere, ebenso Vitamin-C-haltige Beeren (schwarze Johannisbeere!) und Gemüsesorten (Paprika) gerne gefüttert werden. Der Schutzinstinkt der Hühner, Gifitges nicht zu fressen, greift zumindest bei unseren Johannisberen überhaupt nicht.

Vitamin C als Heilmittel

Weiter verunsichert wurde ich in meiner Recherche, als ich auf Seiten wie diese gestoßen bin:
www.huntenburg.de/dysenterie/Vitamin-c.php
Wenn zuviel Vitamin C wirklich Darmblutungen verursacht, kann ich mir nicht vorstellen, dass es als Maßnahme bei geschwächten, gestressten Hühnern anbefohlen wird…?! Unter anderem liest man dort auch „…weil die Nieren überschüssiges Vitamin C ausscheiden.“
Die Überdosierung von Vitamin C ist für mich also keine plausible Erklärung.

Darf man also Hühnern Orangen und Zitronen füttern?

Fündig geworden bin ich dann schliesslich – wie schon oft – auf englischsprachigen Blogs der „Backyard Chicken“ Community. Und was ich dort gelesen habe hat sich überhaupt nicht mit den deutschsprachigen Blogs und Foren gedeckt: Viele Hühnerhalter verfüttern Mandarinen und Orangen und machen sich keine Sorgen um mögliche Nebenwirkungen. Viele berichten zwar, ihre Hühner würden die Orangen sowieso verschmähen. Aber genausoviele schreiben, ihre Tiere wären ganz wild drauf.
Und dann habe ich sogar ein ganz offenes Plädoyer für die Fütterung von Orangen und Zitronen an Hühner entdeckt.
http://thefrugalchicken.com/can-chickens-eat-citrus/

In ihrem Podcast spricht Maat van Uitert, Authorin des populären backyard chicken Blogs thefrugalchicken.com über Studien zur Fütterung von Zitrusfrüchten in der Hühnerhaltung und deren konkrete Ergebnisse.
Ich habe den Beitrag hier auf Deutsch zusammengefasst und hoffe, dass ich im Laufe der Zeit auch aus dem deutschsprachigen Raum Erfahrungen zu hören bekomme:
Maat van Uitert basiert ihre Aussagen auf einer Reihe von Studien, die in den USA durchgeführt wurden, bei denen in der Hühnerhaltung Orangenschale, -fruchtfleisch und -saft verfüttert wurden, bzw. Zitronensaft in einer Kombination mit Thymian.

Die positiven Auswirkungen der Fütterung von Orangenschalen

  • die ätherischen Öle in Orangen und Zitronen wirken enstpannend, bzw. mindern Stress bei den Hühnern, was zu einer verbesserten Grundvoraussetzung für gute Legetätigkeit führt.
  • sie bremsen das Wachstum von Krebszellen
  • Studien zur Verfütterung von Orangenschalen berichten von einer verbesserten Wachstumsrate bei den Tieren und einer Steigerung der Antioxidantien in Eiern und Fleisch
  • verfüttert wurden sowohl frische als auch getrocknete Orangenschalen
  • das Verfüttern von Orangenschalen hilft bei „Hitzestress“ – also Überhitzung – der wiederum die Antioxidantien in Eiern und Fleisch senkt
  • die Gabe von Orangen bewirken eine Senkung des LDL-Cholesterins, was sich wohl auch in den Eiern und dem Fleisch nachweisen ließ

Kombination von Orangen und Thymian

In einer Studie die eine Kombination von Orangen und Thymian verfüttert hat wurde eine Verringerung der Bakterien von Salmonellen- und Campylobacter-Bakterien festgestellt

Orangensaft in der Tränke

Hier konnte bei einer Studie ein Verbesserung beim Wachstum der Tiere nachweisen. Ausserdem erhöhte sich die Futteraufnahme und damit das Gewicht und es wurde eine verbesserte „nutrient digestability“ festgestellt. Ich übersetze das mal mit „Nährstoffverdaulichkeit“ – soll heißen, Nährstoffe wurden besser verwertet.
Maat van Uitert empfiehlt das Verfüttern von getrockneten, gemahlenen Orangenschalen, wenn die Tiere nicht von selbst auf Orangen „stehen“ (wie das wohl einige tun) und eine Beimischung von der Orangenschalen zum Futter ca. 2-3 mal die Woche, wobei sie explizit erwähnt, dass auch eine tägiche Fütterung unproblematisch ist.

Zitronensaft und Thymian – eine gesunde Kombination

Eine der Studien hat sich speziell auf die Verfütterung von Thymian plus Beigabe von Zitronensaft zum Trinkwasser gewidmet. Wie es scheint, waren die einzelnen Komponenten für sich nicht besonder wirkungsvoll, aber umso mehr in ihrer Kombination.
Festgestellt wurden

  • erhöhtes Wachstum der Tiere, sowie ein Anstieg der tatsächlichen Wachstumshormone im Tier
  • verbesserte Nahrungsaufnahme
  • Senkung der Triglyceride in Eiern und Fleisch
  • Verbesserter widerstand gegen „Hitzestress“
  • Festere Eierschalen insgesamt
  • Verringerung der anzahl der Eier mit dünnen Schalen, Windeiern und unnormal geformten Eiern

Maat van Uitert empfiehlt, basierend auf den Vorgaben in der Studie, eine 0.5% Beigabe von Thymian zum Futter sowie 2ml Zitronensaft pro Liter Wasser in der Tränke.
Positiver Nebeneffekt des Zitronensafts in der Tränke ist seine antibakterielle Wirkung (übrigens auch von Orangensaft), der die Keimbelastung im Trinkwasser senken kann.

Quellen

Leider warte ich auf der Seite des Podcasts von thefrugalchicken noch auf das Transkript, in dem ich mir die genauen Quellen zu den zitierten Studien erhoffe. Im Netz habe ich diese thematisch relevanten Studien gefunden, von denen ich annehme, dass sie Maat van Uitert als Basis für den Podcast gedient haben:

Effect of Lemon Juice on the Egg Shell Quality of Layers Subjected to Heat Stress
(Effekt von Zitronensaft auf die Qualität der Eischalen bei Legehennen unter Hitzestress)

Citrus waste utilization in poultry rations
(Verwendung von Zitrusabfallprodukten in Geflügelfutter)

The Influence of Drinking Water Containing Lemon Juice and Thyme Supplemented Diet on Performance and some Blood Parameters of Broilers under Heat Stress
(etwas sperrig: Der Einfluss von Zitronensaft-haltigem Wasser und einer Thymian-haltigen Fütterung auf die Leistung und einige Blutwerte von Masthähnchen unter Hitzestress)

Effect of Dietary Ascorbic Acid on Performance and Immune Response of Heat Stressed Broiler Chicks (PDF)
(Wirkung von Ascorbinsäure in der Fütterung auf die Leistung und die Immunreaktion von Mastküken unter Hitzestress)

Fazit

Die pauschale Aussage „Zitrusfrüchte sind für Hühner giftig“ stimmt für mich definitiv nicht. Es kommt wie so oft auf das „Wie“, das „Wieviel“ und das „Wann“ an. Die oben genannten Studien haben den Faktor „Hitzestress“ gemeinsam, und wurden auch in Ländern mit hohen Temperaturen durchgeführt. Hitze birgt für Hühner, besonders für Legehennen, ein gesundheitliches Risiko.  Die Beigabe von Zitronensaft zum Trinkwasser ist für mich definitiv etwas das ich probieren werde, wenn sich wieder Probleme mit der Kalziumaufnahme bzw. -verwertung abzeichnen. (Zitrusfrüchte selbst enthalten auch Kalzium, dass zumindest der menschliche Körper wohl besonders gut verwerten kann.)

Die Berichte in Foren von Hühnerhaltern deren Hühner gerne Orangen & Co. essen und weiterhin fit und produktiv sind, und denen die ihren Hühnern Zitrusfrüchte ohne Erfolg anbieten, zeigen mir vor allem Eines: Hühner wissen sehr genau wissen was sie fressen sollen und was nicht. Wenn sie Inhaltstoffe brauchen, werden sie, sofern angeboten, darauf zurückgreifen. Ansonsten wird es halt verschmäht. Die ein oder andere Bio(!)-Orange mit ins Gehege zu werfen, wenn was übrigbleibt ist aus meiner Sicht ok – wenn es meinen Hühnern nicht bekommt, werden sie den Schnabel davon lassen.

6 Comments

  1. Pingback: Hühner im Sommer abkühlen – Überhitzung erkennen und vermeiden - Bio Hühner Kräuter

  2. Poulty Science

    In dem Beitrag fehlen die ganzen Quellen! Die Behauptungen sind also absolut nicht nachvollziehbar. So was nenn ich nicht gut recherchiert, sondern tendenziös.

    • Denise

      Danke für den Hinweis auf die fehlenden Quellen – leider findet sich auf dem Originalpost von Maat van Uitert bisher kein Transkript ihres Podcasts. Ich habe meinem Artikel noch Links zu Studien hinzugefügt, die ich für relevant halte udn bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie zum Teil in den Originalartikel mit eingeflossen sind. Ich hoffe, das hilft bei eigenen Überlegungen weiter.

  3. Pingback: Mein bestes Futter für Legehennen - Bio Hühner Kräuter

  4. Oli

    Vielen Dank für diesen gut recherchierten Beitrag! Sehr beruhigend für mich, ich habe am Anfang ganz selbstverständlich Fleisch von Zitrusfrüchten gefüttert und irgendwann im Laufe meiner ‚Tierversuche‘ hier auf dem Hof auch Orangenschalen (die im Übrigen restlos verschwunden sind, also vermutlich gefressen wurden). Als ich dann irgendwann las, dass das recht giftig und gefährlich für Haushühner sein soll, habe ich mir natürlich erstmal schwere Vorwürfe gemacht, bislang aber zu dem Thema noch nicht weiter gelesen.
    Die Studien werde ich mir mal genauer ansehen, das klingt lohnenswert.

    Ich finde deinen Blog super schön gemacht und schon jetzt sehr interessant, warum kann man ihm nicht normal folgen? Emails über neue Posts verlieren sich oft im Werbeemail-Ordner und ohne eine Benachrichtigung ‚vergisst‘ man neue Blogs schnell. Ich würde über die Möglichkeit, das normale Abonnieren über WordPress anzubieten, nachdenken!
    Liebe Grüße, Oli von Landidylle.com

    • Denise

      Hi Oli, freut mich, dass Dir der Beitrag gefällt und Dein Gewissen beruhigt hat! 🙂
      Ich bin grad erst am Anfang mit dem Blog aber ich taste mich jetzt langsam an die verschiedenen Subscribe-Möglichkeiten ran – immerhin: den Newsletter-Subscribe habe ich jetzt gerade eingebaut.
      Danke für den Hinweis mit dem Abonnieren!
      Hab heute auch einen neuen Artikel zum Thema „Hühnerfutter fermentieren“ mit reingestellt, bei dem ich u.a. auf landidylle.com verweise. Ihr habt ja auch schon erfolgreich mit Fermentation experimentiert, wie ich gelesen habe!

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